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Artistic Justice, Artistic Dreaming, Artistic Futures: Ein Interview mit Futurist Elif

„Überall wo du hingehst, können Grenzen entstehen, aber in der Kunst gibt es halt keine Grenzen. Niemand kann dich da einschränken, denn da wo alles aufhört, fängt die Kunst an.“

@elifçelik

Elif, stell dich doch gerne kurz vor:
Ich bin Elif, 25 Jahre alt und von 2016 bis 2022 habe ich in Stuttgart Kunst studiert und mache damit jetzt weiter in Karlsruhe. Ich bin Künstlerin – Malerin, um genau zu sein.

Magst du uns ein wenig über deinen künstlerischen Werdegang und deine „Reise“ erzählen?

Ich würde kurz ausholen: Mit dem Studium habe ich relativ schnell bemerkt, dass man in der Gesellschaft im Allgemeinen und in der Kunstszene im Speziellen anders wahrgenommen wird. Man sticht hervor, wenn man ein Kopftuch trägt – also erstmal rein äußerlich, da der Inhalt vorerst egal zu sein scheint, da sowie irgendwelche Zusammenhänge zwischen der Kunst und dem Muslimisch-Sein konstruiert werden, du wirst eingestuft. Ich wurde immer ständig mit dieser Dynamik konfrontiert, obwohl ich einfach nur malen wollte. Es kam mir so vor, als führe kein Weg daran vorbei und dass ich mich damit auseinandersetzen muss, ob ich wollte oder nicht, diese Aushandlungen sind dann zu meiner Verantwortung geworden. Als erkenntliche muslimische Frau, als Künstlerin in diesen Räumen. 

Ich habe mich immer mehr mit diesen Konfrontationen und Realitäten befasst: Wie fühlt es sich an, als „anders“ gesehen, markiert und gelesen zu werden? Und hier mit einem Fokus auf die Gefühlslage: Was bedeutet es, nicht zur „Norm“ zu passen? Was bedeutet das Beobachtet-Werden? Wie wirkt es auf mich und wie kann ich das am Besten zeigen und zum Ausdruck bringen? Das hat sich dann künstlerisch immer weiter entwickelt: Es sind mehr Figuren und Symbolik dazugekommen, die größere Gesellschaftsformen und Menschenmengen darstellen können. Aber auch Teppichmuster, türkische Teegläser habe ich eingebaut. Jetzt bin ich an einem Punkt, wo ich speziell Frauen mit Kopftüchern zeigen möchte – davor habe ich keinerlei Symbole in meine Malerei integriert. Ich orientiere mich auch an Künstler*innen, Kunst und Techniken, die nicht in Europa oder Deutschland präsentiert und sichtbar gemacht werden. Diese vielschichtigen Perspektiven werden auch nicht im Studium gelehrt, sie werden ignoriert, als würden sie nicht existieren. Dabei haben wir auch Bezüge zu diesen Ländern, Kulturen und ich fand das widersprüchlich, weil ich bin zwar eine europäische Künstlerin, aber ich bin auch eine muslimische Frau mit türkischem Hintergrund. Ich möchte das zusammenführen, weil ich all das und noch mehr bin und das kein Widerspruch ist. Meine Kunst geht Hand in Hand mit meinen Identitäten und das funktioniert.

Und möchtest du dich mit diesen Fragen im Rahmen von Muslim Futures auseinandersetzen?
Genau, mit meinem Projekt bei Muslim Futures möchte ich diese Aspekte behandeln. Ich möchte Kunstformen und -techniken, die zum Beispiel in der Türkei verwendet und wenig bis gar nicht sichtbar im europäischen Raum sind, in die hiesige Kunstszene integrieren, Verbindungen schaffen und Kunstwerke kreieren. Ich werde eine Reihe von Bildern malen, die sich aus unterschiedlichen Kunsttechniken, Geschichten und Perspektiven speisen. Ich möchte verbinden. Da das ein sehr breites Spektrum ist habe ich mich dazu entschieden mich auf das Frauenbild in der Kunstgeschichte zu beziehen.

Warum ist Kunst ein gutes Werkzeug, um auf soziale Missstände aufmerksam zu machen?

Ich denke, es funktioniert wirklich am besten mit der Kunst, damit ist auch nicht nur Malerei gemeint, sondern Literatur, Musik und alle möglichen Kunstgenres/Kunstformen, weil es gibt so was, wie die künstlerische Freiheit. Kunst existiert eben, die ist schon da, die kann nicht einfach kaputtgemacht werden der Kunstschaffende existiert nämlich. Man kann es nicht stumm schalten und du brauchst niemanden zu fragen. Überall wo du hingehst, können Grenzen entstehen, aber in der Kunst gibt es halt keine Grenzen. Niemand kann dich da einschränken, denn da, wo alles aufhört, fängt die Kunst an.

Was verbindest du mit Muslim Futures?
Eigentlich so wie ich mein Lebensziel auch sehe. Ich sehe, dass genau das in Deutschland fehlt: Muslimische Künstlerinnen mit Kopftuch in meiner Branche. Ich hoffe, dass es in Zukunft mehr werden. Also Leute, die Interesse an Kunst haben, sollten auch diese Seite sehen und kennen, weil wir dazu gehören und nicht nur Picasso oder Matisse und all diese modernen europäischen weißen Künstler, die wir aus der Lehre und aus dem Museum kennen. Ich habe die Möglichkeit an einer Kunstakademie zu studieren, ich kann malen und ich bekomme eine Reichweite. Diese Reichweite möchte ich nutzen für die Zukunft, weil ich denke, dass wir Futurists in diesem Projekt auch nur die Vorreiter sind, und in Zukunft wird es sich komplett verändern. Es wird immer mehr Künstler:innen geben, weil ich denke, dass wir Möglichkeiten schaffen und Mut machen für diese Leute und deswegen passt es so gut zu Muslim Futures. Wir schaffen und nehmen uns die Möglichkeiten, um für Repräsentation zu sorgen. Es ist ein langer Prozess, aber machbar. 

Was inspiriert dich? Was lässt dich träumen, weitermachen und motiviert dich?

Unsere Lebensrealität. Zu sehen, dass es immer noch keine Gleichberechtigung gibt, dass es immer noch keine Räume für Diskurse gibt, dass wir immer noch für unsere Rechte kämpfen müssen. Das ist so ein Antrieb und deswegen mache ich da immer weiter und ich sehe das auch als Verantwortung und ich liebe diese Sache. Ich kann meine Inspiration von alltäglichen Sachen, von einem Blick oder von einem Gespräch ziehen oder auch von einem Zeitungsartikel, von unseren Geschichten. Es gibt so viele Sachen, die wir gar nicht als Kunst sehen, aber eigentlich kann man so viel Kunst damit machen. Natürlich kann man auch Inspiration für Maltechniken oder farbliche Inspiration im Museum holen, aber inhaltlich inspiriert uns das Leben. 

Wie würdest du dein Projekt mit drei Emojis beschreiben?

🎨🧕🏻❤️

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