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„Sounds of the Future – Dhikr reimagined“: Ein Interview mit Futurist Fatih

„Muslim Futures ist für mich keine Adaptation der fortschreitenden Technologien auf unsere Traditionen, sondern eher eine Ausweitung der Grenzen die wir oft selbst ziehen. Das Öffnen der Türen für vermeintlich „Fremdes“. Ein Perspektivenwechsel, der schon lange überfällig war.“

@fatih.maraşlıoğlu

Fatih, stell dich gerne kurz vor:  

Mein Name ist Fatih Maraşlıoğlu, ich bin gebürtiger Nürnberger mit türkischen Wurzeln. Ich habe Architektur studiert und beschäftige mich seit meiner Kindheit mit der Musik und der Bildenden Kunst.

Worum geht es in deinem Projekt?

„Sounds of the Future – Dhikr reimagined“; das ist der Titel. Ich stelle mir die Frage, wie sich unsere Gewohnheiten und kulturellen Zuordnungen mancher Töne und Instrumente auf die religiösen Rituale auswirkt. Auf eines der ältesten Rituale im Islam, dem gemeinsamen Gedenken Allahs, dem Dhikr. Dabei müssen wir uns elementaren Fragen wie „Wer sind wir?“ „Was gehört zu uns?“ oder „Was gehört nicht zu uns?“ stellen. Ich möchte einen Raum gestalten, indem man der Zukunft lauschen kann, ohne Einschränkungen in Regionen, Musikrichtungen, bestimmte Instrumente oder Sprachen. Wie kann sich solch eine Zeremonie anhören?

Was sind deine Assoziationen zu Muslim Futures und wie imaginierst du Muslim Futures?

Mit unseren Jahrhunderte alten Ritualen und Gottesdiensten sind wir als Muslime zwar sehr traditionsgebunden, aber gleichzeitig fordert uns unser Glaube auch dazu auf zukunftsorientiert zu leben. Muslim Futures ist für mich keine Adaptation der fortschreitenden Technologien auf unsere Traditionen, sondern eher eine Ausweitung der Grenzen, die wir oft selbst ziehen. Das Öffnen der Türen für vermeintlich „Fremdes“. Ein Perspektivenwechsel, der schon lange überfällig war.

Was inspiriert dich? Was lässt dich träumen, weitermachen und motiviert dich?

Jedes Mal, wenn ich zuhöre, wie sich Menschen über die Gegenwart beschweren und die Vergangenheit lobpreisen, muss ich an meine Tochter denken. „Zukunft ist heute“ habe ich mal von einer Autorin gelesen. Das heißt, unsere Gegenwart ist die Zukunft der kommenden Generationen und es liegt in unserer Hand, diese zu formen. So denke ich, sollten wir hoffnungs- und verantwortungsvoll in die Zukunft blicken und der Negativität soweit wie möglich aus dem Weg gehen. Dieses „awareness“-Konzept ist keinesfalls ein neues, schon hunderte Jahr vorher haben muslimische Gelehrte aus der Sufi-Tradition das zu Wort und Schrift gebracht. Sie nannten es das „Ibn-ul Waqt“-Sein, also „Das Kind der Gegenwart“-Sein und das ist die Zukunft. Und genau dieser Zusammenhang und die Übereinstimmung der Vergangenheit bis hin zum Heute fasziniert und motiviert mich. Diese Lehren werden nicht älter, sondern werden von Tag zu Tag immer aktueller und jünger. Ein verborgener Schatz.

Welche Bedeutung hat Musik für dich in deiner muslimischen Identität?

Die Musik im Islam beginnt mit einem „Ja!“-Wort. In der muslimischen Literatur ist die Sprache von „dem Tag des Versprechens“ (qalu-bela). Gott erschuf alle Seelen und fragte sie/uns: „Bin ich denn nicht euer Herr?“ und wir antworteten allesamt mit einem „Ja!“. Das Erste also, was wir zu hören bekamen, war die „Stimme“ Gottes. Rumi sagt, dass diese Ansprache und so mitgenommen hat, dass wir jedes Mal, wenn wir etwas Schönes hören, uns unterbewusst daran erinnern. Die Musik ist in meinem Glauben verankert und die kann man sich gar nicht rausdenken. Bei der Rezitation des Korans, dem Gebetsruf, den Lobgesängen, überall finden wir die Musik auf. Es ist die Feinheit und die Hingabe, alles, was man macht so schön wie möglich zu machen. Denn es ist für den Schönsten.

Welche Rolle spielt Musik im Aspekt der Zeit, insb. der Zukunft?

Musik ist zeitlos. Wir hören sie und können uns oft nicht erklären, warum sie uns zum Weinen, zum Lachen, zum Tanzen oder zum Schlafen bringt. Sie ist stark und genau deshalb dürfen wir sie in unseren Zukunftsperspektiven nicht vernachlässigen.

Wie übersetzen sich diese Traditionen in der Zukunft? Spielen sie dann überhaupt noch eine Rolle? Und wenn ja, welche?

Das ist genau die Frage, die ich mir bei der Umsetzung meines Projektes stelle. Wie beeinflusst uns unser Umfeld, unsere Herkunft oder unsere Sozialisierung? Denken wir beispielsweise an die Ney-Flöte, haben wir sofort eine Assoziation mit dem Islam bzw. dem Sufismus. Sie gehört zu „uns“; Aber warum? Was unterscheidet sie von der Gitarre, von der Violine oder vom Klavier? Andersrum, warum gehört die Orgel in die Kirche? Ist die Orgel christlich und die Ney-Flöte islamisch? Oder ist es einfach nur eine Frage des Nutzens? Hätte Rumi sein berühmtestes Werk, die Mathnawi, nicht mit der Ney-Flöte begonnen, sondern mit der Geige, würden wir sie heute noch so wahrnehmen? Der Koran sagt: „Der Westen und der Osten gehören ihm“ also sollten wir alles nutzen, um Ihn zu gedenken, unabhängig von Herkunft.

Wie würdest du dein Projekt mit drei Emojis beschreiben?

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