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„Es geht mir um’s Träumen – als Akt der Resilienz“: Ein Interview mit Futurist Hanaa

„So kommen Aspekte wie Erholung und Träume ins Spiel, denn ich habe das Gefühl, dass genau das zu kurz kommt oder gar nicht erst möglich ist. Deswegen sehe ich das gerade auch in Bezug zum Zukünfte Denken so, dass Träumen zu einem Akt der Resilienz wird und gleichermaßen Resilienz stärkt.“

@hanaaabdella

Stell dich gerne kurz vor, also wer du bist, was du machst.

Ich bin Hanaa, 23 Jahre alt, komme aus München und bin derzeit wohnhaft in Baden-Württemberg, wo ich Kunsttherapie studiere. Ich bin Künstlerin und beschäftigte mich gerne mit analoger Fotografie. Die Arbeit mit Pastellkreiden ist eine neuentdeckte Leidenschaft, die ich in meinem Praxissemester entdeckt habe. In der Arbeit mit dem Material Pastellkreide, stehen für mich die Farbgebungen und das Haptische im Zentrum. Das Sensuelle in diesen Formaten habe ich auch im Kontext meines Studiums erproben können, durch zum Beispiel installative Arbeiten. Ich werde diese Perspektiven und Erfahrungen in meinem Projekt einfließen lassen. 

Worum geht es in deinem Projekt?

In meinem Projekt geht es mir um das Träumen als Akt der Resilienz. Als Schwarze muslimische Frau in dieser Gesellschaft, befinde ich mich die meiste Zeit im „Survival Mode“ und versuche zu schauen, wie ich mich durch meinen Alltag navigiere, wie es mir dabei einigermaßen gut gehen kann und wie ich Sachen im Außen lasse. Es ist ein ständiges Verteidigen und Rechtfertigen wer man ist, wenn man vor Allem in mehrheitlich weißen Räumen ist, so wie ich. Die Institutionen, die Hochschule und auch jetzt in meinem Praxissemester im klinischen Bereich, bin ich die einzige Schwarze Person. Hier, auf Mikroebene, muss ich meinen Platz verteidigen und so auch, auf Makroebene, meine Existenz in dieser Gesellschaft. Es ist ein „Hey, ich bin hier und ich störe euren weißen Raum und eure Vorstellungen, aber das ist mein Platz und den nehme ich mir!“

So kommen Aspekte wie Erholung und Träume ins Spiel, denn ich habe das Gefühl, dass genau das zu kurz kommt oder gar nicht erst möglich ist. Deswegen sehe ich das gerade auch in Bezug zum Zukünfte Denken so, dass Träumen zu einem Akt der Resilienz wird und gleichermaßen Resilienz stärkt. Mit meiner Installation möchte ich Besucher*innen partizipativ ermöglichen, in diesem „Raum“ sich mit den eigenen Träumen auseinanderzusetzen. Ich erhoffe mir, dass vor Allem BIPoC-Personen hier ihren Platz finden und sich denken, dass sie all das „Andere“ draußen lassen dürfen. Mit meiner Installation möchte ich Menschen in einen künstlerischen Prozess einladen – Stichwort: Pastellkreiden. 

Das ist das Material, was ich anbieten werde, weil es so niedrigschwellig ist und dadurch keinen Druck ausübt. Aus kunsttherapeutischer Perspektive ist Pastellkreide ein Material was durch seine einfache Beschaffenheit eine Freiheit ermöglicht und fördert, nicht unbedingt etwas Wunderschönes, Perfektes und Fertiges zu erzeugen (anders als mit Bunt- und Bleistiften zum Beispiel), sondern einfach nur durch das Haptische, mit den Händen, einen leichten Zugang ermöglicht. Auf dieser Ebene entsteht dann der künstlerische Ausdruck – er darf einfach passieren. Ich gestalte es als eine Einladung, die angenommen werden kann, oder auch nicht, denn gleichzeitig kann man als Besucher*in, auch nur dasitzen, entspannen, vor sich hinträumen und nichts tun. Das wäre mein Wunsch, dass ich das mit meiner Arbeit realisieren kann.

Was sind deine Assoziationen zu Muslim Futures, oder wie imaginierst du Muslim Futures? 

Für mich stellt Muslim Futures der erste Berührungspunkt damit dar, sich nicht ständig nur mit der Vergangenheit auseinandersetzen zu müssen, oder das Hier und Jetzt alleine zu fokussieren. Das ist für mich, wie vorher erwähnt, ein ständig wiederholender und alltäglicher Kampf. Stattdessen erlauben wir es uns an Zukünfte zu denken und diesen ihren Platz zu geben. Das bedeutet gleichermaßen, dass mit Muslim Futures die Möglichkeit besteht, die Zukunft ins Jetzt zu holen und sich die Freiheit zu nehmen, seine eigene Zukunft zu imaginieren und das fernab von dem, was von der Gesellschaft vorgegeben wird. Wir brechen quasi mit Einschränkungen, Kategorisierungen und den Rahmen dessen, was wir sein können und dürfen. 

Was inspiriert dich in deiner Arbeit? Was motiviert dich oder lässt dich träumen, dass du diese Ideen entwickelst oder dich damit auseinandersetzt? 

Eine ganz starke Motivation in meiner künstlerischen Arbeit ist es, Gedanken oder Themen, die mich beschäftigen, künstlerisch umzusetzen, wofür ich manchmal einfach nicht die passenden Worte finde und ja, so ein Stück weit die Verarbeitung dadurch. Seit Ende letzten Jahres, mit dem Blick auf die Kunstwelt, die halt einfach sehr weiß und sehr männlich geprägt ist, habe ich mich gefragt, wo ich meinen Platz finden möchte. Ich war mir lange nicht sicher, ob es überhaupt möglich wäre. Deshalb wollte ich mich einfach auf das Kunsttherapeutische beschränken und sagen, da habe ich meinen künstlerischen Ausdruck und das reicht mir. Aber irgendwann in dem künstlerischen Prozess habe ich gemerkt, wie viel Spaß es mir macht und ich will das auch, aber auf meine Art und so, dass es mir dabei gut geht. 

Ich habe das Gefühl, dass meine Kunst sehr oft sehr persönlich ist, weil das auch persönliche Themen sind, die mich beschäftigen und ich bin gerade dabei, einen Weg zu finden, den Ausdruck so authentisch wie möglich zu halten, aber gleichzeitig auch auf mich zu achten, dass irgendwie ich in gewisser Weise nicht zu vulnerabel bin. Es muss sich noch einpendeln, sich authentisch zu zeigen, aber gleichzeitig mich selber schützen, weil die Leute, die die Kunst betrachten, ja nicht immer sensibel damit umgehen. Also der eigene Ausdruck ist meine Motivation. 

Was inspiriert dich und deine Kunst?

Ausstellungen, die ich besuche und Social Media, dort trifft man mehr BIPOC-Personen und KünstlerInnen, die sich auch mit ähnlichen Themen auseinandersetzen, anders als in Museen. Das ist auf jeden Fall eine große Inspirationsquelle. Und auch ein bisschen die Neugierde, deswegen tue ich mich immer ganz schwer, wenn mich jemand fragt, mit was ich künstlerisch arbeite. Denn ich bin gefühlt immer noch am Ausprobieren. Ich habe nicht das Material, womit ich am liebsten arbeite. Natürlich gibt es schon irgendwo eine Tendenz und in letzter Zeit, womit ich verstärkt gearbeitet habe. Aber es ist auch in gewisser Weise eine Neugierde und Lust, Materialien auszuprobieren und da auch meinen Ausdruck, meinen Platz und meine Übersetzungen zu finden. 

Warum ist Kunst ein gutes Mittel, um Zukünfte zu imaginieren und sie mit anderen zu teilen?

Kunst hat so viele Sprachen und somit auch unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten. Ich habe das Gefühl, dass vor Allem das non-verbale eine Möglichkeit darstellt, als Mensch einzusteigen, den Diskurs mitzugestalten und ein Teil dieser Vielfältigkeit von Ausdruck sein zu können.
Mit Kunst ist es auch so, dass mensch nicht unbedingt eine gewisse Sprache verstehen oder ein spezifisches (Vor-)Wissen haben muss. Natürlich hilft es in gewisser Weise schon, wenn man kunsthistorisch bewandert ist. Aber in erster Linie, um in Kontakt mit einem Kunstwerk zu kommen, braucht es nichts. Man erfasst das Kunstwerk rezeptiv, auf eigene Art und Weise – dann denkt man sich das dazu, was man möchte. Aber man tritt immer in Kontakt mit dem Kunstwerk, was so schön ist, denn dadurch kann man so viele, so verschiedene Menschen erreichen und auf unterschiedlichen Ebenen berühren. 

Wie würdest du dein Projekt mit drei Emojis beschreiben?

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